Die neue Fernheizzentrale in Alt St. Johann beliefert über 60 Fernwärme-Bezüger in Alt St. Johann und Unterwasser und ist seit Anfang Oktober 2020 in Betrieb.
Die neue Fernheizzentrale ersetzt zwei frühere Heizzentralen, die während rund 25 Jahren in Alt St. Johann und in Unterwasser je 20 Wärmebezüger mit umweltfreundlicher Energie aus einheimischem Holz beliefert haben.
ZUSAMMENFÜHRUNG UND AUSBAU DER KAPAZITÄT
Die bestehenden Heizzentralen mussten nach über 20 Jahren Betrieb aufgrund der verschärften Umwelt- und Emissionsvorschriften saniert werden. Nach einer Machbarkeitsstudie entschied sich die Ortsgemeinde Alt St. Johann, den Wärmeverbund in Unterwasser zu übernehmen und eine neue gemeinsame Fernheizzentrale in Alt St. Johann zu erstellen. Mit der neuen Heizzentrale können zusätzliche Wärmebezüger angeschlossen werden und der Wärmeabsatz wird um 50 Prozent erhöht.
SPATENSTICH ANFANG 2020
Die Fernwärme-Verbindungsleitung zwischen Alt St. Johann und Unterwasser konnte im Jahr 2019 zusammen mit der Erneuerung der Wasser- und Elektroleitungen ausgeführt werden, gleichzeitig wurde auch bereits die Fernwärme-Verbindungsleitung vom Dorf Alt St. Johann bis zur neuen Heizzentrale im Weier erstellt. Anfang 2020 erfolgte der Spatenstich für den Neubau der Fernheizzentrale mit allen technischen Installationen, der Schaltwarte sowie der Schnitzellagerhalle mit einem Lagervolumen von ca. 1 000 Kubikmeter.
HOLZHACKSCHNITZEL AUS DER REGION
Um die Versorgung der Fernheizzentrale mit Holzschnitzeln sicherzustellen, ist einerseits die direkte Anlieferung von bereits
gehackten Schnitzeln möglich, andererseits ist es auch möglich direkt ab dem Rundholzlager mittels mobilem Hacker in die Holzschnitzellagerhalle zu hacken. Als Brennstoff werden naturbelassene Holzhackschnitzel aus Wäldern und Sägereien der Region sowie Restholz aus der Holzverarbeitung verwendet. Der Bedarf beträgt ca. 5 000 Kubikmeter pro Jahr, wodurch eine starke regionale Wertschöpfung erreicht werden kann. Gemäss Projektleiter Urs Zwingli liegt die jährliche Wertschöpfung für die Region dadurch bei rund 150’000 Schweizer Franken.
Aus der Lagerhalle gelangen die Holzschnitzel mittels manueller Beschickung mit einem Teleskoplader über den hydraulischen
Schubboden und Einschieber in die Holzschnitzelfeuerung.
UTSR VISIO MIT LUVO UND GEREGELTEM BYPASS:
FÜR OPTIMALEN WINTERUND SOMMERBETRIEB
Das Herzstück der Heizzentrale ist eine moderne Schmid Vorschubrostfeuerung UTSR-900 visio für den industriellen Einsatz. Diese hat einen auf besonders niedrige Teillast erweiterten Leistungsbereich von 135 bis 900 Kilowatt und kann jährlich bis zu 3 500 Megawattstunden Heizenergie produzieren. Mit der UTSR visio Rostfeuerung können Holzschnitzel mit einem Wassergehalt von 10 Prozent bis zu 60 Prozent eingesetzt werden. Für die Feinstaubabscheidung wird ein kompakt an den Kessel angebauter Multizyklon in Kombination mit einem Röhren-Elektrofilter verwendet.
Die Holzfeuerung wurde so konzipiert, dass der Wärmebedarf des Heiznetzes über das ganze Jahr hinweg mit nur einem Holzheizkessel nahezu vollständig bedient werden kann. Dies wird durch die besonders niedrige Teillastfähigkeit der Feuerung ermöglicht. Um einen Teillastbetrieb bis auf 15 Prozent der Nennleistung bei gewohnt niedrigen Emissionen realisieren zu können, wurde die Anlage mit einem System zur Luft-Vorwärmung (LUVO) ausgerüstet, welches auch bei sehr tiefer Teillast ausreichend hohe Verbrennungstemperaturen für einen vollständigen CO-Ausbrand sicherstellt. Der zusätzlich installierte geregelte Kesselbypass gewährleistet auch im Schwachlastbetrieb eine hohe Verfügbarkeit des Elektrofilters, da mit diesem System die Abgastemperatur nach dem Kessel so eingestellt werden kann, dass der Filter nie zu stark auskühlt. Komplettiert wird die Biomasse-Heizanlage in Alt St. Johann durch einen 25’000 Liter fassenden Wärmespeicher, der durch das fortschrittliche Schmid Speichermanagement optimal anhand des Wärmebedarfes bewirtschaftet wird. Die Integration und Ansteuerung der genannten Komponenten durch eine optimierte Schmid Steuerung ermöglicht es ganzjährig einen kontinuierlichen und emissionsarmen Betrieb des Kessels zu gewährleisten. Auf diese Weise konnte die Minimallast der Anlage von herkömmlich 30 Prozent auf 15 Prozent der Nennleistung abgesenkt werden. Es ist es somit auch bei niedrigem Wärmebedarf in den Sommermonaten möglich, den UTSR 900 visio Holzheizkessel weiter zu betreiben. Für den Spitzen- und Notbetrieb ist in der Heizzentrale zusätzlich ein Ölheizkessel installiert, der jedoch lediglich null bis fünf Prozent der gesamten Heizarbeit abdeckt.
Die gesamte Anlage wurde nach den Vorgaben von QM-Holzheizwerke ausgeführt und wird im Rahmen des Kantonalen Energieförderprogrammes sowie von der schweizerischen Berghilfe unterstützt.
EIN GELUNGENES PROJEKT FÜR ALLE BETEILIGTEN
Mit der neuen Fernheizzentrale in Alt St. Johann kann eine Energiemenge von rund 350’000 Liter Heizöläquivalent pro Jahr substituiert und damit die Umwelt um 1 000 Tonnen CO2 pro Jahr entlastet werden.
Die Wärmebezüger sind zufrieden mit der zuverlässigen Wärmelieferung und der Betreiber freut sich über eine hohe Effizienz und Verfügbarkeit der Anlage. Auch der Projektleiter Urs Zwingli ist begeistert: «Planen heisst weglassen. Dieses Anlagekonzept weist den Weg für künftige Fernheizzentralen mit einfachstem Konzept und grösster Versorgungssicherheit, mit geringsten Investitions- und Betriebskosten und gleichzeitig emissions- und energiesparendem Betrieb.»
DAS WESENTLICHE IN KÜRZE
Bauherrschaft / Betreiber: Ortsgemeinde 9656 Alt. St. Johann (SG)
Einsatz: Wärmeverbund Alt St. Johann – Unterwasser (SG)
Projektplanung: Calorex AG, Urs Zwingli, 9500 Wil
Brennstoff: 80 % Holzhackschnitzel aus Vollbäumen,
Stammholz und Waldrestholz
10 % Restholz aus Holzverarbeitung
10 % Landschaftspflege- und Durchforstungs-Restholz
Kesseltyp: Schmid Vorschubrostfeuerung
UTSR-900.32 visio
Leistung: 135 – 900 kW (15 – 100 %)
Austragung: Schubbodenaustragung
Abgasentstaubung: Multizyklon, Elektrofilter
Inbetriebnahme: September 2020
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