Das Familienunternehmen Hörmann ist sich seiner Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen bewusst und verfolgt deshalb eine konsequente
Nachhaltigkeitsstrategie. Sarah Osterholt berichtet in diesem Interview über gezielte Massnahmen und innovative Projekte, mit denen die Firma Hörmann
ihre CO2-Emissionen reduziert und so zu einer nachhaltigeren Zukunft beiträgt.
Sie sind die Nachhaltigkeitsbeauftragte der Hörmann-Gruppe. Was verbirgt sich dahinter?
Sarah Osterholt: Seit 2019 gibt es bei Hörmann einen Bereich für Nachhaltigkeit, den ich leite. Unsere Aufgabe ist es, Projekte zu koordinieren sowie den Austausch und die Entwicklung neuer Ideen zwischen den Werken zu fördern. Darüber hinaus setze ich Impulse für neue Themen und organisiere Workshop-Reihen sowie Schulungen, um unsere Mitarbeitenden für dieses Thema zu sensibilisieren. Zusätzlich bin ich für die Abstimmung mit unseren externen Partnern zuständig und stehe unseren Lieferanten als inhaltliche Ansprechpartnerin zur Verfügung.
Die Nachhaltigkeitsstrategie von Hörmann trägt den Titel «Wir denken und handeln
grün». Was versteht Hörmann darunter?
Hörmanns Nachhaltigkeitsstrategie besteht aus einem Dreiklang aus Berechnung, Reduktion und Kompensation. Wir haben bereits im Jahr 2012 mit ersten Projekten begonnen, 2019 jedoch eine unternehmensweite Strategie gestartet, mit der wir langfristige Ziele verfolgen. Unser Hauptfokus liegt klar darauf, Emissionen zu reduzieren oder – noch besser – sie gar nicht erst entstehen zu lassen.
Wie setzt Hörmann diese Strategie ganz konkret um?
Am Anfang steht die Berechnung der CO2-Emissionen, denn wir müssen Referenzwerte haben. Wir berechnen dazu an allen Standorten der Hörmann-Gruppe in Europa unseren Corporate Carbon Footprint (CCF) in allen drei Scopes gemäss den Greenhouse Gas Protocols. So werden neben dem Rohstoffeinsatz und dem Büromaterial auch der Fuhrpark und der Energieeinsatz sowie die vor- und nachgelagerte Logistik und die Produktionsabläufe miteinbezogen. Dies ist die Basis für unser Handeln, da wir durch die
Ergebnisse die Einflüsse einzelner Massnahmen bewerten können. Wir arbeiten
hier mit dem externen Dienstleister ClimatePartner zusammen und lassen unsere
Berechnungen zertifizieren.
Darauf aufbauend schauen wir, wo wir die grössten Potenziale haben, um Emissionen zu reduzieren, und setzen entsprechende Massnahmen um. Da wir die Berechnungen
für unseren Corporate Carbon Footprint jedes Jahr erstellen, können wir die Auswirkungen einzelner Reduktionsmassnahmen sehr gut sehen und gegebenenfalls nachbessern.
Die Vermeidung der Emissionen steht aber im Zentrum unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Dazu analysieren wir in unterschiedlichen Projekten alle Bereiche und nutzen vorhandene Einsparpotenziale.
Der Ausgleich der verbleibenden CO2- Emissionen stellt neben der Berechnung und Reduktion einen wesentlichen Bestandteil des umfassenden Klimaschutzes dar und bildet den dritten Pfeiler unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Da sich Treibhausgase wie CO2 gleichmässig in der Atmosphäre verteilen und die Treibhausgaskonzentration somit weltweit nahezu identisch ist, spielt es keine Rolle, wo auf der Erde diese Emissionen entstehen oder vermieden werden. Aus diesem Grund kompensieren wir die verbleibenden Emissionen durch die Unterstützung zertifizierter Klimaschutzprojekte in Zusammenarbeit mit ClimatePartner. Jährlich gleichen wir über 100’000Tonnen CO2 aus.
Welche konkreten Massnahmen hat Hörmann bisher schon implementiert? Können Sie uns hier einige Beispiele geben?
Gestartet haben wir im Jahr 2012 mit dem Bezug von Ökostrom. Seit 2017 beziehen wir im DACH-Raum zu 100Prozent Grünstrom. Gerade an unseren zahlreichen Produktionsstandorten ist der Energie- und Strombedarf hoch. Allein durch den Bezug von regenerativer Energie sparen wir jährlich über 35’000Tonnen CO2 ein. Aus der ISO 50001 Energiemanagement ergeben sich zudem viele weitere Energieeinsparungen wie moderne Heiztechnik, effizientere Motoren an Hochregalsystemen, intelligente LED-Beleuchtung und bedarfsgerechte Kühlung von Schaltschränken. An unserem grössten deutschen Werk
produzieren wir seit gut einem Jahr auf dem eigenen Firmengelände grünen Wasserstoff und können damit 20Prozent des Erdgasverbrauchs zur Prozesswärmeerzeugung ersetzen.
In der Schweiz ist das Dach des Neubaus von Hörmann Schweiz bereits für Photovoltaik auf dem Dach vorbereitet. Ebenso ist eine Wärmepumpe vorgesehen. Beide Anlagen werden 2025 realisiert.
Beim Thema Energie tut sich einiges. Wie sieht es sonst aus?
Ganz generell gehen wir mit unseren Ressourcen schonend um. So sparen wir Verpackungsmaterial, wo immer möglich. Nach dem Motto «Karton statt Plastik –
Recycling statt Wegwerfen» haben wir den Kunststoffanteil bei unseren Verpackungsmaterialien massgeblich reduziert und setzen, wo immer möglich, auf Kartonverpackungen oder recycelte Materialien.
Wo trotzdem Kunststoff verwendet werden muss, beispielsweise bei der Verpackung
von Garagen- und Industrietoren mit PE-Folie, haben wir den Umwickelungsprozess
optimiert und sparen dadurch jährlich 76Tonnen Folie. In der Schweiz wurden zudem bei Zubehörsets die Plastikbeutel durch kleine Kartons ersetzt, was 35’000Beutel
pro Jahr einspart. Schon seit fast 20Jahren werden Ersatzteile beim Versand mit Verpackungsnüssli aus Maisstärke geschützt.
Zudem wurden in der Schweiz alle Gebäude auf LED-Beleuchtung umgestellt und Bewegungsmelder installiert, damit das Licht automatisch ausgeschaltet wird. Papier wird, wo immer möglich, eingespart und, wo dies nicht möglich ist, durch Recyclingpapier ersetzt. Bestehende Rasenflächen wurden in Wildwiesen umgewandelt, und insgesamt wurden zur Förderung der Biodiversität über 100 Sträucher gepflanzt sowie Stein- und Holzhaufen aufgebaut, damit sich die eigenen Bienenvölker und sonstige Insekten wohlfühlen.
Welche Rolle spielt die Kreislaufwirtschaft in diesem Zusammenhang?
Dies ist ein sehr grosses Thema für uns, da sich durch Recycling viele Rohstoffe einsparen und damit Emissionen reduzieren lassen. Eines unserer Hauptprodukte sind Garagen-Sektionaltore, die aus Stahlpaneelen bestehen, die mit Polyurethan ausgeschäumt sind. Uns ist es gelungen, eine eigene Anlage zu entwickeln, mit der wir diese PU-geschäumten Lamellen inhouse recyclen können. Konnte bisher nur der Stahl wiederverwendet werden, können wir nun das Polyurethan wieder verflüssigen und dem neuen Herstellungsprozess mit hoher Stoffreinheit wieder hinzufügen. Da wir die Einzelteile zu 100Prozent wiederverwenden können, nehmen wir die Sektionaltore kostenlos aus dem Handel zurück.
Zurzeit können noch keine Tore aus der Schweiz recycelt werden. Wir werden diese Aufbereitung aber nach und nach auch in andere Länder ausrollen.
Der Aspekt der Kreislaufwirtschaft muss bereits bei der Entwicklung und in der Produktion mitgedacht werden, damit die Wiederverwertung am Lebenszyklusende funktioniert. Wir
haben in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft viele unterschiedliche Ansatzpunkte. Zum Beispiel arbeiten wir verstärkt an Second-Life-Produkten. So haben wir unter anderem aus PE-Schnipseln aus der Pendeltürenproduktion ein neues Türblatt für Pendeltüren geschaffen.
In der Schweiz haben wir aktuell zwei Massnahmen im Sinne der Kreislaufwirtschaft umgesetzt. Bereits seit 2021 bieten wir unseren Kunden das Recycling von Stegplatten zur späteren Wiederverwendung an. Zudem nehmen wir auch Plattenendstücke und Abstandshalter aus Kunststoff zurück und verwenden diese Teile wiederum für unsere Neuverpackungen. Auch beim Verpackungsmaterial wird, wo immer möglich, auf die Kreislaufwirtschaft geachtet. So nehmen die Lieferanten im Werk Oensingen bei Anlieferung der Neuware gleich den Altkarton zum Recyclen wieder mit.
Welche Nachhaltigkeitsziele hat sich Hörmann gesetzt?
Als Basis für unsere Nachhaltigkeitsziele berechnen wir jedes Jahr die CO2-Emissionen unserer produzierenden Standorte in allen drei Scopes des Greenhouse Gas Protocol. Basierend auf den Werten von 2019 verfolgen wir die folgenden Ziele:
- In Scope 1 (das heisst bei den direkten Emissionen wie dem Benzinverbrauch der Geschäftswagen) wollen wir bis 2030 eine Reduktion von zehn Prozent erreichen.
- In Scope 2 (bei den indirekten Emissionen von externen Energieversorgern) gibt es kaum Reduktionspotenzial, da wir – ausser in Frankreich, wo es wegen der dortigen
Diskussion zum Atomstrom zurzeit nicht möglich ist – zu 100Prozent Ökostrom beziehen. - In Scope 3 (bei den indirekten Emissionen aus der Wertschöpfungskette) ist das Ziel, eine Reduktion der Emissionen um 30Prozent bis zum Jahr 2030 zu erreichen.
Reichen die bisherigen Massnahmen aus, um die gesetzten Ziele zu erreichen?
Die Ziele für Scope 1 und Scope 2 erfüllen wir bereits. Mit dem Umstieg auf Ökostrom
erreicht Hörmann Schweiz sogar das Null-Tonnen-CO2-Ziel. Die mit Abstand meisten Emissionen – etwa 95Prozent – entstehen bei uns jedoch in Scope 3, den wir nur indirekt beeinflussen können. Der Hauptteil der Emissionen stammt aus den von Lieferanten bezogenen Produktionsmaterialien. Deswegen gehen wir mit unserem Materialgruppenmanagement gezielt auf die Lieferanten zu und suchen gemeinsam
mit ihnen nach Optimierungs- und Reduktionspotenzialen.
Damit wir das Reduktionsziel für Scope 3 erreichen können, müssen wir weiterhin
intensiv mit unseren Lieferanten zusammenarbeiten. Wir stellen fest, dass sie generell sehr offen und positiv gegenüber unserem Anliegen sind. Bereits heute sind interessante Ideen entstanden, die laufend Verbesserungen mit sich bringen werden.
Hörmann liefert CO2-neutrale Produkte. Können Sie uns genau erklären, was
CO2-neutral in diesem Zusammenhang bedeutet?
Wie schon erwähnt, verfolgen wir den Dreiklang aus Berechnung, Reduktion und
Kompensation. Unser Fokus liegt ganz klar darauf, Emissionen zu reduzieren. Zurzeit
erreichen wir die CO2-Neutralität durch die Ergänzung der Reduktionsmassnahmen um Kompensation, da eine vollständig emissionsfreie Produktion aktuell nicht möglich ist. Angesichts des dringenden Handlungsbedarfs im Kampf gegen den Klimawandel haben wir uns entschieden, die verbleibenden Emissionen durch Klimaschutzprojekte zu kompensieren. Im Objekt- und Industriebereich geben wir die Kompensationskosten an, damit der Kunde selbst entscheiden kann, ob ihm das Produkt mit den reduzierten Emissionen reicht oder ob er ein CO2-neutrales Produkt möchte. In diesem Fall kann er die Kompensationskosten selbst übernehmen und in ein von uns gefördertes Klimaschutzprojekt investieren.
In welche Projekte investiert Hörmann konkret?
Der Ausgleich von CO2-Emissionen ist neben der Berechnung und Reduktion eine wichtige Massnahme unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Da wir heute noch nicht alle Emissionen vermeiden können, gleichen wir die noch verbliebenen Emissionen mit der Förderung von zertifizierten Klimaschutzprojekten in Kooperation mit ClimatePartner aus.
Die von uns geförderten Projekte haben einen direkten Bezug zu unserem Unternehmen. So unterstützen wir aktuell nur Erneuerbare-Energien-Projekte, da wir selbst viel Energie verbrauchen und uns diese Technologien gut bekannt sind. Konkret sind dies im Jahr 2024 drei Wind- und ein Solarenergieprojekt in Indien, wo wir auch selbst ein Werk haben. Diese Projekte liegen uns auch unabhängig einer Kompensation am Herzen und wir unterstützen diese aus sozialem Engagement bereits seit einigen Jahren. Zudem fördern wird je ein Windenergieprojekt in Brasilien und Nicaragua.
Abschliessend richten wir den Blick nach vorn: Gibt es weitere Massnahmen, die
Hörmann bereits geplant hat?
Zurzeit arbeiten wir an einem sogenannten Nachhaltigkeitsproduktpass, weil wir sehen, dass das Thema Gebäudezertifizierung immer wichtiger wird. Der Produktpass enthält alle relevanten Informationen, die unsere Kunden für eine angestrebte Gebäudezertifizierung benötigen.
«Wichtig ist uns bei allen Reduktionsmassnahmen, einen echten Effekt zu erzielen. Es soll der Umwelt wirklich etwas bringen, nicht nur gut klingen.»
Hörmann Schweiz AG | Nordringstrasse 14 | CH-4702 Oensingen
Tel. +41 (0) 62 388 60 60 |