Wer Hand in Hand arbeitet, schafft mitunter besonders überzeugende Ergebnisse. Etwa wenn scheinbar unabhängige Probleme nicht isoliert, sondern kombiniert betrachtet werden. Der neue Wärmeverbund in Meilen ist ein starkes Beispiel für eine kluge Zusammenarbeit.
Das Ziel ist klar: möglichst nachhaltig leben. Doch das ist leichter gesagt als getan. Oft stolpern wir über die eigene Bequemlichkeit, etwa wenn es heisst, mit dem Velo den Berg hinauf und durch den Regen zu radeln. Oder wir müssten verzichten, worauf wir nicht verzichten möchten. Zum Beispiel weniger Fleisch essen, weniger mit dem Flugzeug verreisen, weniger Kleider kaufen – die Liste liesse sich unendlich fortsetzen. Denn wenn es um Nachhaltigkeit geht, ist weniger immer mehr. Die Ausnahme: mehr um die Ecke denken, stärker zusammenarbeiten, intensiver nach gemeinsamen Lösungen suchen.
HEIZEN MIT ZUKUNFT
Was dann möglich ist, lässt sich in Meilen schön beobachten. «Besonders beim Heizen ist das Potenzial sehr gross», so Haaike Peeters, Energiebeauftragte der Gemeinde. Gemäss Bundesamt für Statistik verursachte der Gebäudesektor 2019 rund 24 Prozent der gesamten CO2-Emissionen der Schweiz. 1 Noch immer werden hierzulande fast zwei Drittel aller Gebäude mit fossilen Energieträgern geheizt. 2 Sogar die als «Energiestadt Gold» ausgezeichnete Gemeinde Meilen ist da keine Ausnahme.
Um eine Öl- oder Gasheizung zu ersetzen, braucht es Alternativen wie einen Energieverbund. Ein paar engagierte Bürgerinnen und Bürger allein reichen jedoch nicht für ein solches Projekt, hier ist die Energieplanung der Gemeinde gefordert. Und meist braucht es einen Grossverbraucher als Auslöser. In Meilen war dies die Delica AG, die eine neue Lösung für ihre Kühlsysteme suchte. Nach langjähriger Planung kommt die Kälte, um Glace zu gefrieren und Backwaren zu kühlen, heute direkt aus dem Zürichsee. Drei Pumpen befördern das sechs Grad kühle Seewasser zur ehemaligen Midor-Fabrik. So lassen sich pro Jahr rund 20 Millionen Liter Trinkwasser einsparen, die früher zur Kühlung verdunstet wurden. Auch der Strombedarf ist gemäss Markus Müller, Energiemanager der Delica AG, signifikant gesunken.
AUS KALT WIRD WARM
Das ist gut, aber noch nicht gut genug. Deshalb wird ab Herbst 2022 auch die Abwärme aus der Fabrik genutzt. Sie wird in einen Energieverbund von Energie 360° eingespeist, mit dem sich nicht nur die Räumlichkeiten der Delica AG heizen lassen, sondern auch an die hundert Liegenschaften in ihrer Umgebung. «Der Verbund bietet zu mindestens 90 Prozent erneuerbare Heizenergie», so Tobias Schneebeli, Projektentwickler bei Energie 360°. Damit wird der CO2-Ausstoss um voraussichtlich 3 000 Tonnen pro Jahr gesenkt.
Der Energieverbund ist eine Lösung, die gerade deshalb besticht, weil sie nicht einfach ist, sondern verschiedene Strukturen und Akteure verbindet und grössere Zusammenhänge berücksichtigt. Haaike Peeters betont, dass dafür alle am gleichen Strick ziehen müssen: «Es braucht den politischen Willen, einen grossen Abnehmer wie die Delica AG und die Expertise von Energieanbietern wie Energie 360°.» Dann ist es eine Win-win-Situation für alle.
Informationen zum Energieverbund Meilen finden Sie unter www.e360.ag/meilen
Anmerkung
1 www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/
zustand/daten/treibhausgasinventar/gebaeude.html
2 www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/
bau-wohnungswesen/gebaeude/energiebereich.html