Krisen schärfen den Blick fürs Wesentliche, gerade bei der jungen Generation mit Zukunftsaussichten. In diesen Wochen lernen wir als Gesellschaft zu unterscheiden, was systemrelevant ist und was nicht. Energie ist schon seit jeher unverzichtbar für unseren Lebensstil und wird es auch bleiben. Bereits vor vier Jahrzehnten wurde dies offensichtlich, als in der Zeit der Ölkrise das öffentliche Leben ebenfalls weltweit stockte. Obwohl Erdöl seit anderthalb Jahrhunderten der dominante Motor der globalen Energieversorgung ist, sind heute die potentesten Ölkonzerne angezählt. Alle Ölstaaten
haben Probleme und die Fracking-Firmen in den USA gehen in die Insolvenz. Auch die einst so selbstbewusste Nuklearindustrie ist wirtschaftlich ohne Perspektive. Dies sind klare Zeichen für
den irreversiblen Wandel, den es in der Wirtschaft schon immer gegeben hat und ihn auch in der Energiewelt gibt. Die aktuellen Rahmenbedingungen haben den jeweiligen optimalen
Energietechnologien zum Durchbruch verholfen.
Sondern jetzt
Heute steigen die Temperaturen ins Unerträgliche. Die globale Durchschnittstemperatur ist in den letzten vier Jahrzehnten um ein Grad gestiegen. Die Prognosen eines weiteren Anstiegs um mindestens zwei Grad
bis 2050 sind katastrophal und stellen so eine unverrückbare Rahmenbedingung des Handelns dar. Wenn 2050 der Nordpol zeitweise
eisfrei sein wird und in der Schweiz keine Winterskiferien mehr möglich sein werden, kann niemand mehr den Klimawandel leugnen. Hatte man dies im letzten Jahrhundert noch mit dem Griff in die Marketingkasse der profitierenden Energiegiganten zerstreuen können, ist dies heute wegen der Evidenzen nicht mehr möglich. Die Jungen erkennen dies klar und machen von ihrem politischen Recht lautstark Gebrauch, da es uns Alten schwerfällt, die Risiken des Wandels zu akzeptieren. Die nächste Generation möchte sich aber nicht um ihre Chancen beraubt wissen, die Energiezukunft eigenverantwortlich zu gestalten – und zwar nicht
irgendwann, sondern jetzt.
Fachexpertise im Studium erwerben
Nicht nur an der ZHAW haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, mit dem Studiengang Energie- und Umwelttechnik die nächste Generation mit der nötigen Fachexpertise zu ermächtigen, diese Energiewende ordentlich
umzusetzen. Hat meine Generation die Blase der CO2-Emission miterlebt,
haben die Jungen die wirtschaftliche Chance bis 2050, die CO2-freien Lösungen zu realisieren. Es ist ein komplexes Vorhaben und kann nicht einfach aus dem Fortschreiben der alten Elektrotechnik- oder Maschinenbau-Kenntnisse wie in den letzten Jahrzehnten bewerkstelligt
werden. Es sind aus unserer Überzeugung die folgenden drei Pfeiler entscheidend für den Erfolg und damit auch prägend für den Studiengang Energieund Umwelttechnik:
• Installation der notwendigen Stromerzeugungskapazitäten aus
Erneuerbaren Quellen
• Verschmelzung der elektrischen Welt mit den thermischen Maschinen
• Beachtung der Rahmenbedingungen des nachhaltigen Wirtschaftens
War in den letzten Jahren noch ein Pioniermarkt zu bedienen, der vieles aufgenommen hat, wenn nur «Solar» darauf stand, so ändert sich dies nun. Technisch tadellose Lösungen, die die wirtschaftlichen Versprechen einhalten, können heute nicht mehr allein mit einem bunten Marketing ohne tiefes technologisches Verständnis realisiert werden. Der Wettbewerb wird härter. Daher setzten wir in unserer Ausbildung wie andere auch auf Mathematik, Physik, technische Grundlagen der Thermodynamik und
Elektrotechnik, aber auch Solartechnik und Netze, ob elektrisch oder thermisch. Das Arbeiten in unseren hochmodernen elektrischen wie auch thermischen Energielaboren in Winterthur ist ein zentrales Element, um Fachexpertise zu erwerben. Wenn unsere Absolventinnen und Absolventen
künftig verantwortlich sind für die Realisierung eines städtischen Nachwärmenetzes, welches gekoppelt ist mit grossen Wärmepumpen und grossen Photovoltaik- Dächern, können sie auch auf das wirtschaftliche
Wissen und die Kenntnisse um die Nachhaltigkeitskennzahlen aus dem
Studium zurückgreifen.
Lösungen selbst in die Hand nehmen
In der Energiebranche wissen wir sehr gut, dass der alleinige Ruf nach Digitalisierung hier zu kurz greift und ohne relevante Investitionen in Hardware eine gesicherte Energieversorgung der Zukunft nicht erreicht werden kann. Zuerst muss der notwendige Strom erneuerbar erzeugt werden, bevor wir ihn speichern oder intelligent steuern können. Genügende Mengen an erneuerbaren Strom im Land zu produzieren, hat höchste Priorität und wird nur von denen in Frage gestellt, die den Status Quo möglichst lange retten wollen. Dass viel Kapital gierig bereitsteht, um in den nächsten Jahrzehnten auch in diesem Sektor die Renditen abzuholen, zu allererst von den grossen IT-Plattformen aus dem Ausland,
ist allen bewusst. Aber was nützt es dem Land, was nützt es der Bevölkerung wenn es schlussendlich nur um günstige und zielgenaue Werbeeinschaltungen geht. Wir sollten diese Lösungen selbst in die Hand nehmen und auch davon selbst profitieren.
Das Stimmvolk hat sich 2017 für die neue Energiewelt entschieden, die der Bundesrat «Energiestrategie 2050» nannte: Mehr Erneuerbare Energien, mehr Energiesparen und die alte Energiewelt so schnell wie möglich zurückfahren. Seither wird Jahr für Jahr etwa ein Solarmodul pro Kopf zur Stromproduktion in der Schweiz installiert und so aktuell etwa vier Prozent der Stromerzeugung gestemmt. Wir müssen aber noch mehr installieren, damit der zusätzliche Strombedarf für die Wärmepumpen und der Ladestrom der wachsenden Elektromobilität gedeckt werden kann.
Jene Fachexpertise wird zukünftig immer stärker gefragt sein, die die aktuellen elektrischen und thermischen Energietechnologien überblickt und einsetzen kann und mehr ist als ein gängiges Projektmanagement.
Sie garantiert die technischen und wirtschaftlichen Synergien für den Kunden von der erneuerbaren Erzeugung hin zur Energie / Kälteversorgung bis zur Versorgung der elektrischen Mobilität. Ein fundiertes Studium ist da der beste Grundstock.