Eine vollautomatisierte und geteilte Fahrzeugflotte könnte gemäss Schätzungen jährlich mehrere Dutzend Milliarden Schweizer Franken volkswirtschaftlichen Nutzen erzeugen. Dies ergibt eine Vorstudie, die das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) in Auftrag gegeben hat. Die dabei unterstellten Annahmen sind indes mit Unsicherheiten behaftet. Weitere Analysen sind notwendig, um die künftigen Kosten und Nutzen der Digitalisierung in der Mobilität verlässlich zu bewerten.
Eine vom Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) in Auftrag gegebene Vorstudie zeigt, wie sich die Digitalisierung in der Mobilität volkswirtschaftlich auswirken könnte. Deren Erkenntnisse bilden eine Grundlage für zukunftsweisende Entscheide in der Verkehrs- und Raumpolitik. Die grundlegende Annahme dabei ist, dass die Digitalisierung fahrerloses Fahren ermöglicht. Entsprechend verfügen Autos und Busse über kein Steuerrad mehr und können beispielsweise als fahrerlos operierende Sammeltaxis eingesetzt werden. Mobilitätsdienstleister bieten über internetbasierte Plattformen Mobilitätslösungen an, bei denen verschiedene Formen der Fortbewegung ein nahtloses Mobilitätsangebot schaffen. In dieser Mobilitäts-Servicewelt der Zukunft ist der private Fahrzeugbesitz nicht mehr der Schlüssel zur individuellen Mobilität.
Für die Szenarien der künftigen digitalisierten Mobilität sind entsprechend zwei Fragen entscheidend: Wie stark die Fahrzeugflotte mit vollautomatisierten Fahrzeugen durchdrungen ist und wie sich der Anteil geteilter Fahrzeuge entwickelt. Neben den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Mobilität und ihre Infrastruktur hat die Studie auch die Fragen von Wettbewerbs- und Markteffekten in der Mobilität sowie von möglichen Auswirkungen auf Wirtschaft, Raum und Umwelt untersucht.
Potenzieller Nutzen von mehreren Dutzend Milliarden Franken
Die Verfasser/innen der Studie schätzen, dass eine vollautomatisierte Fahrzeugflotte, die geteilt und als Teil neuer Mobilitätsdienstleistungen eingesetzt wird, jährlich mehrere Dutzend Milliarden Schweizer Franken Nutzen erzeugen kann. Dank automatisiertem Fahren kann die Reisezeit im Auto potenziell für andere, beispielsweise produktive Tätigkeiten genutzt werden. Weitere bedeutende Nutzen resultieren aus der Möglichkeit, dass ältere Personen vermehrt unterwegs sein können, aus direkteren Tür-zu-Tür-Verbindungen und dem Teilen von Fahrten und Fahrzeugen, was Fahrzeugkosten einspart. Kosteneinsparungen durch Automatisierung beim öffentlichen Verkehr, aufgrund sinkender Unfallzahlen sowie höherer Strassenkapazitäten und somit geringerer Staukosten wurden ebenfalls abgeschätzt. Zusätzliche Kosten entstehen hingegen durch Leerfahrten und höhere Anschaffungs- und Wartungskosten für automatisierte Fahrzeuge.
Unsicherheiten und Risiken bestehen
Der grösste Nutzen würde dann resultieren, wenn die Schweizer Fahrzeugflotte komplett aus vollautomatisierten und geteilten Fahrzeugen bestehen würde. Gemäss Expertinnen und Experten, die im Rahmen der Vorstudie befragt wurden, dürfte erst nach 2050 damit zu rechnen sein. Die Entwicklung dahin hängt von technologischen, ökonomischen, juristischen und gesellschaftlichen Faktoren ab und ist schwierig abzuschätzen. Möglich sind daher auch verschiedene Varianten der Durchdringung mit automatisierten Fahrzeugen während einer sehr langen Übergangszeit.
Die digitalisierte Mobilität macht Anpassungen an Infrastrukturen und Kommunikationsstandards erforderlich. Sie könnte die Erreichbarkeit der ländlichen Räume erhöhen, allerdings auch deren Zersiedlung vorantreiben. Auch könnte sie den Raumbedarf für Fahrzeuge in den Städten reduzieren und damit deren Standortattraktivität erhöhen. Die Verfasser/innen der Studie gehen weiter davon aus, dass die Digitalisierung zu Umwälzungen in verschiedenen Wirtschaftsbranchen führen wird. So könnten neue Geschäftsmodelle für Mobilitätsdienstleistungen an Bedeutung gewinnen und beispielsweise das Taxigewerbe vollständig ersetzen. Wie hoch die Kosten und Nutzen für Infrastrukturen, ländliche und städtische Räume sowie Unternehmen sein werden, lässt die Vorstudie noch offen. Diese und weitere Fragen wird das ARE in einer Hauptstudie klären.