Bern, 01.11.2017 – Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat im August 2017 beim Bundesamt für Energie (BFE) 6 Gesuche für Sondierbohrungen in der Region Nördlich Lägern eingereicht. Heute startet die öffentliche Auflage dieser Gesuche.
Ende September 2016 hatte die Nagra bereits je acht Gesuche für Sondierbohrungen in den beiden Standortregionen Jura Ost und Zürich Nordost eingereicht. Diese wurden im Februar und März 2017 öffentlich aufgelegt. Ab heute werden auch die Gesuche zur Standortregion Nördlich Lägern während 30 Tagen bei der jeweiligen Standortgemeinde öffentlich aufgelegt. Innerhalb der 30-tägigen Frist haben die vom Projekt Betroffenen die Möglichkeit, Einsprache zu erheben. Zuständig für den Entscheid über die von der Nagra eingereichten Sondiergesuche ist das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Die Bewilligungen für die Sondierbohrungen in der Region Nördlich Lägern liegen frühestens Ende 2018 vor.
Effektiv gebohrt wird erst dann, wenn Etappe 2 des Sachplans geologische Tiefenlager (SGT) abgeschlossen ist. Dieser Entscheid fällt nicht vor Ende 2018 (siehe auch Kasten unten). Mit den Sondierbohrungen wird die Nagra den Kenntnisstand im Hinblick auf die definitive Standortwahl in Etappe 3 des SGT vertiefen.
Ablauf der Bewilligungsverfahren für die Sondierbohrungen
Für jedes Gesuch wird ein eigenes Bewilligungsverfahren durchgeführt.
- Nach Einreichen der Gesuche prüft das BFE unter Einbezug der relevanten Fachbehörden, ob die mit den Gesuchen eingereichten Unterlagen vollständig sind (Art. 50 des Kernenergiegesetzes, KEG).
- Nach Einreichen der Gesuche inkl. Unterlagen führt das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI eine sicherheitstechnische Beurteilung der Gesuche durch, die es in je einem Gutachten pro Gesuch festhält (Art. 72 Abs. 1 KEG). Zu Beginn der Gutachtenerstellung führt es eine Grobprüfung der Unterlagen durch.
- Nach Feststellen der Vollständigkeit der Unterlagen wird pro Gesuch ein Einspracheverfahren durchgeführt. Dazu werden die Gesuche in den amtlichen Publikationsorganen öffentlich bekannt gemacht und die Gesuche inkl. Unterlagen werden während 30 Tagen öffentlich aufgelegt (Art. 53 Abs. 2 KEG). Während der öffentlichen Auflage haben die von den Sondierbohrungen Betroffenen die Möglichkeit, dagegen Einsprache zu erheben (Art. 55 Abs. 1 KEG).
- Parallel zur öffentlichen Auflage fordert das BFE den jeweiligen Standortkanton sowie die betroffenen Fachbehörden des Bundes auf, zu den Gesuchen Stellung zu nehmen (Art. 53 Abs. 1 KEG und Art. 62a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes).
- Anschliessend erhält die Nagra Gelegenheit, zu den relevanten Einsprachen Stellung zu nehmen. Danach werden alle Einsprachen und die Stellungnahmen der Nagra den Fachbehörden des Bundes bekanntgegeben.
- Eingaben von Verfahrensbeteiligten – wie die Stellungnahmen der Kantone und der Fachbehörden des Bundes – werden den Verfahrensparteien bekanntgegeben (rechtliches Gehör).
- Gemäss aktuellem Zeitplan wird das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) die Bewilligungen für die beantragten Sondierbohrungen in Nördlich Lägern gegen Ende 2018 erteilen, sofern die Voraussetzungen dafür gegeben sind.
- Diese Bewilligungen können beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Dessen Entscheid kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.
Derzeit läuft Etappe 2 der Standortsuche für geologische Tiefenlager. Ende 2017 werden die Berichte, Gutachten und Stellungnahmen, welche in Etappe 2 erarbeitet wurden in eine dreimonatige öffentliche Vernehmlassung geschickt. Der Bundesrat wird unter Kenntnis aller relevanten Fakten voraussichtlich bis Ende 2018 über den Abschluss von Etappe 2 der Standortsuche entscheiden und damit festlegen, welche Standortgebiete in Etappe 3 tatsächlich vertieft untersucht werden sollen. Bis zu diesem Entscheid verbleiben grundsätzlich sämtliche sechs potenziellen Standortgebiete im Auswahlverfahren.
Aufgrund des ENSI-Gutachtens sowie der zum gleichen Ergebnis gekommenen Stellungnahme der KNS zeigte sich, dass das Standortgebiet Nördlich Lägern in Etappe 2 nicht – wie von der Nagra vorgeschlagen – zurückgestellt werden kann. Deshalb müssen auch für Nördlich Lägern weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Um zeitliche Verzögerungen zu verhindern, hat die Nagra die Gesuche für Sondierbohrungen in Nördlich Lägern eingereicht.