Lenzburgs Wahrzeichen: Infolge Corona-Pandemie findet die Fachtagung «citelligent 2020» nicht im Schloss hoch über der Stadt, sondern online statt.

Für die Lenzburger Stadtregierung soll «Smart City» bald viel mehr sein als ein blosses Entwicklungskonzept mit progressivem Touch. Es geht darum, Digitalisierungsprojekte zum Vorteil der Bürgerinnen und Bürger zu realisieren. Die Fachtagung «citelligent 2020» vom 28. Mai 2020 soll erste Lösungsvorschläge für konkrete Probleme liefern.

Ohne Corona-Pandemie wäre die imposante Lenzburg Ende Mai
Schauplatz der Fachtagung «citelligent 2020» geworden. Im Zeichen der
neuen Normalität wird die Tagung termingerecht, jedoch online durchgeführt, mit Stadtammann Daniel Mosimann als Gastgeber. Dass Lenzburg heute konkret in Richtung Smart City unterwegs ist, hat viel
mit jener Anfrage durch das Zürcher Beratungsunternehmen savisio AG Ende 2018 zu tun. Ob man denn Interesse hätte an einem Smart-City-Prozess im Rahmen einer Fachtagungsreihe mit «Open-Source- Resultaten», die offen gelegt werden. Der Stadtrat sagte zu. Für vier Sachbereiche – Bezahlsysteme, Mobilität, Energie / Umwelt und Daten – wurden konkrete «Lenzburger» Problemstellungen erfasst. Mit diesen Problemstellungen
setzten sich rund 30 Fachleute aus Industrie und Forschung im Rahmen von Arbeitsgruppen während mehr als einem halben Jahr auseinander. An der Fachtagung «citelligent 2020» werden die Ergebnisse aus der Vorbereitungsphase präsentiert.

«Auf diese Ergebnisse bin auch ich enorm gespannt», sagt der Lenzburger Stadtammann Daniel Mosimann. Er gehört zwar dem Steuerungsausschuss an, wirkte aber in keiner der Arbeitsgruppen mit. Nach dem Event werden die Lösungen verfeinert und für Umsetzungsprojekte vorbereitet. Diese werden an späteren Anlässen wieder gezeigt. Nicht zuletzt werden Fragen zur gesellschaftlichen Akzeptanz und politischen Umsetzbarkeit zu beantworten sein. Von der Arbeit im Lenzburger «Smart-City-Labor» könnte nicht zuletzt auch der Gemeindeverband Lebensraum Lenzburg-Seetal, den Mosimann präsidiert, profitieren. Das Ziel ist es, eine jährlich wiederkehrende Veranstaltungsreihe zu starten.

Beachtliche Resultate in der Pipeline
«citelligent 2020» wird am 28. Mai als zweistündige Online-Fachtagung durchgeführt und ausgestrahlt. In mehr als 20 Kurzbeiträgen wird über Projekte, Studien und Pro dukte berichtet. Die Veranstaltung richtet sich an Entscheider und Entscheiderinnen, Fachspezialisten und -spezialistinnen,
Projektleiter und Projektleiterinnen der öffentlichen Verwaltungen (Bund, Kantone, Gemeinden) sowie an interessierte Personen aus Forschung, Industrie und von Zulieferern. Ein erstes Highlight wird im Themenblock Zahlsysteme geboten: Christian Wohlwend, Partner der savisio AG, erläutert, wie Digitalisierungstechnik genutzt wird, um verschiedenste Zahlsysteme zusammenzubringen. Zu den spannenden Programmpunkten im Themenblock Daten gehört die Präsentation von Formen der Bürgerpartizipation.

Umsetzung der Energiestrategie
Im Themenblock Energie und Umwelt werden Projekte vorgestellt, die vornehmlich vom Hightech Zentrum Aargau (HTZ) und der SWL Energie AG entwickelt und finanziert wurden. Dr. Gianfranco Guidati von der
ETH Zürich ist Programmleiter der Joint Activity Scenarios and Modelling (JASM). Dort werden die neuesten Kenntnisse und Daten zusammengebracht, um Szenarien für die Dekarbonisierung und die Energiestrategie der Schweiz zu simulieren und mögliche Umsetzungswege aufzuzeigen. In den letzten sieben Jahren wurde in der Schweiz in SCCERs (Swiss Competence Centers of Energy Research) an diversen Themen zur Umsetzung der Energiestrategie geforscht. Hier wurden auch zahlreiche
Simulationstools entwickelt und Daten erfasst, um die Modelle immer weiterzubringen. Im Projekt JASM werden all diese Resultate und Modelle zusammengeführt, um eine umfassende Sicht auf die energetische
Situation der Schweiz zu erhalten. Als spannende Premiere führt Guidati vom Energiesystem der Schweiz zu den besonderen Bedingungen und Herausforderungen für Lenzburg.

Zu den interessanten Studienobjekten gehört auch die bestehende Infrastruktur der SWL Energie. Reto Kaufmann von der Hochschule Luzern erläutert, wie sich in der gegebenen Gasinfrastruktur Wasserstoff integrieren liesse und wie entsprechende Businessmodelle gestaltet werden könnten. Lukas Merz von GeoProRegio macht mit der Augmented-Reality-Technologie die heutige unterirdische Infrastruktur von Wasser, Gas und Strom sichtbar. Die virtuelle Besichtigung vor Ort erleichtert beispielsweise
die Planung von Bauvorhaben.

Der Stromhandel von Morgen
Eine weitere Premiere wird von der Virtual Global Trading (VGT) vorgestellt. Das Aarauer Unternehmen zeigt, wie der Stromhandel
der Zukunft aussehen könnte und wie es sich in diesem Markt positionieren
will. Liechtenstein setzt mit seiner Strom- Gesetzgebung eine neue Marke und wird mit VGT kooperieren. Solche Möglichkeiten dürften auch für Schweizer Städte von Interesse sein. Die Digitalisierung eines bestehenden Gebäudeparks steht im Zentrum eines Projekts, das von Matthias Eifert, Geschäftsführer der Zukunftsregion Argovia (ZURA), vorgestellt wird. Dieses Projekt nahm seinen Anfang im Rahmen der Energy Data Hackdays 2019 in Brugg, welche durch Opendata.ch, die ZURA und das HTZ organisiert wurden. Der Prototyp des Gebäudepasses wird von einem erweiterten Konsortium weiterentwickelt. ZURA, HTZ und die Stadt Lenzburg bleiben involviert.

Attraktive Elektromobilität
Für einen ebenso interessanten wie spielerischen Abschluss des Themenblocks Energie und Umwelt sorgt ein weiteres Projekt,
bei dem Augemented Reality eine Schlüsselrolle spielt. Rajan Wegmann, CEO der Echtzeit GmbH, präsentiert die sharing E-Mobilitätsplattform E-Cargovia. Diese wurde von der ZURA aufgebaut und wird in Kooperation mit der SWL auch in Lenzburg erste Elektromobile zur Verfügung stellen. Die App erlaubt es, per Mobiltelefon oder i-Pad neue Standorte von
E-Cargovia zu bewerten. Die App wird auch den Online-Gästen von «citelligent 2020» zur Verfügung gestellt. (pm / rm)

www.citelligent.ch/fachtagung-online